Sonntag, 11. September 2011

A Day in the Bay of Biscay

Der Kessel beginnt zu pfeifen. Ich liege auf der Steuerbordkoje im Salon, den Kopf Richtung Bug, es ist drei Uhr nachts. Wir befinden uns auf der Biskaya irgendwo zwischen Frankreich und Spanien. Hinter uns liegen bereits zwei Tage und eine Nacht, unter uns mehr als 4000 Meter Tiefe und vor uns der offene Atlantik. Doch unser Ziel heißt La Coruna. Deshalb hoffen wir, dass der Wind langsam dreht und wir mehr Meilen Richtung Süden machen können.

Es gibt fünf Dinge an denen sich eindeutig erkennen lässt, dass wir uns auf einem britischen Schiff befinden. Zum einen natürlich die britische Nationale, the Union Jack, die am Heck ausweht. Dann das vorbildliche Einhalten jeglich möglicher Sicherheitsvorschriften - noch nie habe ich so viele Feuerlöscher, EPIRBs und erste-Hilfe Taschen an Bord einer Yacht gesehen. Weiter das Frühstück bestehend aus Porridge oder Crumbled Eggs with Fried Bacon and Toast und dazu das meist diesig nasse Wetter. Aber das Wichtigste ist der Tee, den es zu jedem Wachwechsel gibt. Das Pfeifen des Kessels ist zu einer Art pavlov'scher Wecker geworden, so wie auch jetzt. Ich ziehe meine Sachen an, die noch etwas klamm sind, nehme meine Fleecedecke und setze mich unter die Sprayhood, so dass mir etwas frischer Wind um die Nase weht zum wach werden und ich trotzdem den Radarschirm unten im Blick habe. Das Steuern hat schon vor einiger Zeit Annie übernommen, der Autopilot. “The Biscay is no place to hang around.“, ist Mike's Kommentar, als er den Motor dazu startet, weil der Wind immer schwächer wird. Dass der Autopilot nicht Arthur heißt sondern Annie, dafür habe ich mich eingesetzt – irgendwer muss ja hier die Frauenquote hoch halten.
An Wetter hatten wir schon fast alles. Von Sonnenschein und kein Wind, zu Sonnenschein bei 8 Beaufort und Welle, über Regen und Nebel bei gleicher Windstärke, zu Nebel ohne jeglichen Wind, mal mit Welle, mal ohne – so wie jetzt. Zu sehen ist rein gar nichts. Selbst die Positionslichter am Bug werden von Nebel eingehüllt. Dazu nieselt ein ganz feiner Regen. Deshalb wird es meine Aufgabe sein, die nächsten drei Stunden den Radarschirm zu bewachen, der schwarz-grün flimmert. Ob man auf ihm wohl Pacman spielen kann? Der gleiche Jahrgang müsste es sein.
Mein Tee ist inzwischen kalt und die Tasse noch halb voll - der fünf Minuten gezogene Earl Grey ist auch nach zwei Tagen einfach noch zu britisch für mich.


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