Mittwoch, 7. September 2011

Die hohe Kunst der Interpretation britischer Seekarten

Bill und Mike über das europäische Rettungspaket und die Verspieltheit spanischer U-Boote

Es war eine spontane Idee bei den beiden Engländern Bill und Mike anzuheuern, um mit ihnen und der 11,80 Meter Raparee über die Biskaya zu segeln. Anders kann man das wohl nicht nennen, wenn man zwei Menschen fragt, ob sie bereit sind mehrere Tage mit einem auf offener See zu verbringen, die man keine zehn Minuten zuvor kennen gelernt hatte.
Ich weiß nicht, woher ich das Vertrauen in meine Idee hatte, vor allem nach dem sie mir von ihren täglichen Bibelzeremonien um acht Uhr erzählten. Vielleicht nahm ich es aus ihrem zweiten täglichen Ritual, anschließend immer ein paar Runden in ihren Bikinis ums Schiff zu schwimmen.
Als ich an ihr Schiff klopfte und etwas zu direkt fragte, ob ich mitfahren könnte, schauten mich zwei fremde Männer mit ziemlich skeptischen Blicken ziemlich lange an und ich dachte nur: Oh, das war wohl die falsche Frage. Wäre es nicht einfach möglich, dass wir uns alle umdrehten, ich zurück zu meinem Boot ging und wir so tun, als wäre nie etwas geschehen?
Aber da löste sich auch schon ein Blick aus der Starre und Mike räusperte sich. Grundsätzlich wäre es möglich, aber es gäbe da nur ein Problem, ich würde hier nirgends Marmite finden. - Marmite? Diese schwarze Hefepampe aus Großbritannien? Klar, manchmal gab es sprachliche Barrieren, an denen Kommunikation scheiterte, aber entweder hatte ich mich mächtig falsch ausgedrückt oder ich hatte sie einfach nicht verstanden. Eigentlich hatte Ich sie nicht fragen wollen, ob ich etwas für sie aus der Stadt mitbringen sollte, aber zwischen den Worten anheuern und mitbringen ist nicht einmal im englischen eine Familienähnlichkeit erkennbar. Zum Glück revidierte Mike seine Bestellung recht schnell - Es würde auch Honig reichen. - was aber recht wenig zur Klärung meiner Situation beitrug. Wollte er mir damit höflich verständlich machen, dass er meine Idee für keine gute hielt? - Nein, das war einfach seine Art von Humor, ein typisch britischer Humor.
Später saßen wir dann beim Tee zusammen und besprachen die Pläne. Bill holte die Übersichtskarte heraus und Mike erklärte mir den Mehrwert dieser praktischen Seekarten. Zu sehen waren darauf keineswegs nur Wasser, Land, Tiefenangaben und ein paar Leuchttürme. Viel wichtiger war zum Beispiel die Linie, die ich bisher für die Ländergrenze zwischen Spanien und Frankreich gehalten hatte. In echt war sie ein Riss – Spanien drohte abzubrechen, was wohl an der Wirtschaft, dem Euro und nicht zu Letzt an den U-Booten lag, aber dazu später.
Frankreich hatte zum Glück schon Rettungsmaßnahmen eingeleitet und dicke Seile nach Süden gespannt, die den Landzipfel halten sollten. Ich hatte immer gedacht, das wären einfache Unterseekabel, aber nein, das war das geheime Rettungspaket der EU für Spanien und Portugal.
Das war aber längst nicht alles, was die Seekarte an Informationen preis gab.
In dem mit „Submarine Exercises“ betitelten Bereichen war wirklich Vorsicht geboten, denn spanische Submarines drohten schnell zu fett zu werden, wenn sie zu lange im Hafen lagen. Damit sie nicht zu schwer und damit eine ernsthafte Bedrohung für den Halt des Landes wurden, mussten sie bewegt werden. Deshalb wurden regelmäßig Torpedos in den gekennzeichneten Bereichen ausgeworfen, hinter denen die Submarines dann her hecheln konnten.
So viel zu meiner ersten Lehrstunde der hohen Kunst der Interpretation britischer Seekarten.
Ich bin gespannt, was die nächsten Tage bringen. Heute Mittag geht es los in geplanten 66 Stunden über die Biskaya, gegen 5-6 Beaufort Wind, Welle und Regen. Wenn ich eine eigene, vielleicht etwas deutsche Interpretation wagen darf: Es wird kalt und nass, aber mit Sicherheit nicht langweilig.

1 Kommentar:

  1. Cool, Engländer können so schön crasy sein, man muß Sie da für einfahc liebhaben.
    Viel Spaß und Deine 5-6 gegenan sind mein Raumschotritt nach Kopenhavn.
    Jedes Ding hat halt immer zwei Seiten.

    Dein 19%RAD

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