Sonntag, 25. September 2011

Der letzte Sommer

Ich sitze auf einer Parkbank in Povoa De Varzim, neben mir Cornelius und Josefin, die beiden Schweden. Sie unterhalten sich über die kommenden Tage auf englisch, damit auch ich sie verstehen kann. Aber ich höre ihnen nicht zu. In diesem Moment, wo es so Vielem zu folgen gibt, verschwimmen ihre Stimmen einfach in dem bunten Singsang der anderen Geräusche. Es ist der letzte Sommertag und auch der letzte Tag meiner Reise. Morgen um 6 Uhr geht mein Flieger und zweieinhalb Stunden später werde ich da sein, wo ich vor zweieinhalb Monaten meine Reise begonnen habe. Es wäre schön, könnte das Flugzeug zwischendurch ein paar Pausen einlegen, nur um sich von oben ein wenig um zu sehen und das Ende noch ein wenig hinaus zu zögern. Doch so wird alles Erlebte auf lächerliche zweieinhalb Stunden zusammen gerafft.Es ist warm, aber die Luft ist feucht. Ein dicker Nebel hängt über dem Hafen, dem Strand und der Stadt. Am Morgen ließ sich vom Steg kaum das Land ausmachen und nun ist immerhin der Umriss der Sonne als helle Scheibe am Himmel zu erkennen. Durch die Blätter der Bäume bricht sich ihr Licht und tanzt über den Boden. Um unsere Füße raschelt das Laub, auch hier wird der Herbst bald kommen. An uns vorbei fliegt ein Ball, ein Junge kommt angerannt, entschuldigt sich auf portugiesisch und wirft ihn vorbei an unseren Köpfen zurück. Ein Dutzend Kinder kreischt laut und stürzt dem Ball hinterher. Weit weg vom Hafen ist eine Sirene zu hören. Sie ist unaufhörlich am heulen, wie bei einem Großeinsatz der Feuerwehr, dabei weist sie den ankommenden Schiffen nur den Weg. Alles ist gedämpft, so als würde der Nebel nicht nur die Sonne und die Farben verschlucken, sondern auch die Geräusche.
Bei einem kleinen Laden um die Ecke haben wir uns ein paar Oliven gekauft. Die grünen sind wunderbar und schmecken ganz nach Sonne, die schwarzen hingegen eher nach Fertigpizza. Drüben in einer Häuserecke sitzen alte Männer um kleine Tische dicht gedrängt in ihr Kartenspiel vertieft. Ihr Gelächter ist über den ganzen Platz zu hören. Irgendwie passen sie zu den Häusern, die uns umgeben. Auch sie sind nicht mehr jung und an vielen Stellen fehlen schon die Kacheln an den Fassaden, doch sieht man ihnen die Schönheit vergangener Tage noch sehr gut an. Jedes hat sein eigenes Muster. Die meisten aber haben feine blaue Ornamente auf weißem Untergrund. Dieser Moment scheint weder Anfang noch Ende zu haben. Ich bin glücklich. Ich bin angekommen und habe gefunden, obwohl ich nicht einmal weiß, nach was ich gesucht habe.

Das ist der vorerst letzte Blogeintrag. Die Tage folgen noch die Fotos der letzten Tage. Ich denke, ich werde im Winter vielleicht wieder etwas erzählen. Die Termine dazu werden dann unter merle-ibach.de/vortraege zu finden sein.

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