Montag, 15. August 2011

Achtung Geisterfahrer!

Ich saß in Lee und steuerte. Ich hasse es in Lee zu sitzen und zu steuern, weil man da einfach nichts sieht - besonders, wenn es dunkel ist und man auf der Kreuz fährt. Aber es war ja nur für kurz. Johannes sollte die Genua fertig machen zum Wenden und so lange hatte ich halt für ihn das Steuer übernommen. Ein paar Wellen hatte ich etwas ungünstig genommen, aber Johannes war immer noch am Rumhantieren mit der Winschkurbel. Auf einmal schrie er „Abfallen“. Entweder, weil dort ein Riesending am Anrollen war oder weil er gerade die Winschkurbel versenkt hatte. Aber was würde es dann noch bringen abzufallen, bekommen würden wir sie eh nicht mehr. Wie automatisch tat ich es trotzdem, während ich noch am Überlegen war, ob ich jetzt sauer auf ihn sein sollte – zum Glück. Denn in dem Moment sah ich eine schwarze Spitze über die Sprayhood luken. Keine Ahnung was es sein sollte, aber es war eindeutig zu nah. Genauso automatisch wie eben das Abfallen hielt ich mir jetzt mit der noch freien Hand die Augen zu. Egal wie bescheuert es ist in so einem Moment weg zu schauen, aber ich konnte eh nichts anderes machen als wegsteuern und ehrlich gesagt wollte ich auch einfach gar nicht wissen was da war. Als ich durch meine Finger wieder hervor schaute zog gerade eine riesige Untiefentonne viel zu dicht an uns vorbei. Mehr als ein Meter war da nicht mehr gewesen – mein Herz raste, Johannes sah genauso blass aus.
Mittags hatten wir aus Vlissingen abgelegt mit dem Ziel irgendwann in Nieuwport (Belgien) anzukommen. Der Wind kam von vorne, gut das hatten wir gewusst, der Strom stand ebenso gegen uns aber auch das hatten wir gewusst. Dass hier einfach eine unbefeuerte Untiefentonne im Wasser schwamm - das hatten wir nicht gewusst. Sowieso lag heute Nacht irgendetwas in der Luft.
Gerade mal eine halbe Stunde zuvor waren wir an zwei Trawlern vorbei gekommen, die friedlich vor sich hin fischten. Als wir nur noch ein paar hundert Meter Abstand hatten, drehte der eine plötzlich auf uns zu und gab Vollgas. Verstehe einer warum, aber es sah mords gruselig aus, wie er die Scheinwerfer auf uns gerichtet hatte, auf beiden Seiten die Netze von Krähnen runter im Wasser schleiften und er auf uns zu rollte, wie eine unhaltbare Dampfwalze. Ausweichen war da nicht. 50 Meter vor uns drehte er dann ab.War das der Humor der belgischen Fischer? - Sehr witzig. Erst das , dann die Tonne – Zeit schlafen zu gehen. Zum Glück war gerade Wachwechsel.
Der Wind blies mit vier bis fünf Windstärken von vorne, irgendwann wurde er von einem schrecklichen Regenguss abgewechselt, war dann mit einem Schlag weg und wir dümpelten vor uns hin. Geplant waren 42 Seemeilen, als wir gegen sieben in der Frühe in Nieuwport anlegten waren wir bei 78,4.
Achso, noch ne kleine Randnotiz. Ich habe eine neue Crew: Johannes und Jonathan.

2 Kommentare:

  1. Hey merle und Friends,

    wenn Ihr eine unbekannte UT geortet habt könnt Ihr Sie ja hier eintragen
    http://map.openseamap.org/map/?zoom=15&layers=B0FT&lang=de&lat=55.041666666667&lon=9.7033333333333

    ansonsten " Augen auf" und immer ne Handbreit Wasser im Schuh. :-)

    Mast- & Schotbruch
    M

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  2. Hallo Merle,

    schön nass :-)

    War aber hier auch gestern nicht anders. Sind 6 Stunden durch den Regen gesegelt.

    Gruß Frank aus Lübeck.

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