Mittwoch, 24. August 2011

Der Zahlenklabauter


Und wieder einmal stehe ich am Tor, krame verzweifelt in der Tasche und werde immer nervöser. Irgendwo hier muss er doch sein, der Code zum öffnen. Das einzige, was mich von der Außenwelt und vor allem von den sanitären Anlagen trennt, ist diese dämliche Tür vor mir. Durch ihre Gitterstäbe kann ich schon den Geruch der Toilettenfreiheit riechen. Aber wenn ich nicht gleich den Zettel finde, ist es wohl zu spät und ich bleibe für immer auf diesem schrecklich trostlosen Steg eingesperrt.
Ich hätte ihn mir einfach auf den Arm schreiben sollen. Aber würde ich für jeden Hafen jeden Code und jedes Passwort versuchen sichtbar auf meinen Arm zu bekommen, wäre selbst der nach spätestens drei Tagen so unübersichtlich voll, dass ich eine Ewigkeit bräuchte all die Zahlen durchzugehen und es dann wohl schneller wäre auf Gut-Glück auf dem Nummernbrett herum zu tippen, abgesehen davon, dass ich eh nicht so lange anhalten könnte.
Sowieso gibt es meiner Meinung nach viel zu viele Codes und Zahlen und Passwörter und Pins zu merken. So dass ich bei meinem Versagen manchmal nicht mehr weiß, wo Dämlichkeit aufhört und Gedächtnisschwund anfängt. Kein Wunder, dass „die Jugend von heute auch immer früher reif wird“ - müssen die ja auch, so schnell wie so ein Zahlengedächtnis heute verbraucht wird, da kommt ja keine Evolution hinterher. Hier acht Zahlen für ein Tor, dort zehn Zahlen für die Klotür, weitere fünf, um die Klospülung betätigen zu dürfen und das Anmeldepasswort fürs Internet hat selbstverständlich auch mindestens 20, mit denen man eher das Gefühl bekommt den Online-Banking-Account von Bill Gates hacken zu können, als sich den neusten Wetterbericht zu holen.
Für meinen Teil ist es inzwischen schon zu spät. Mit einem olympiareifen Sprint habe ich mich auf meinen kleinen schwarzen Eimer gerettet und das Hafenbecken verunreinigt – selber Schuld. Wenn ich es noch schaffen sollte, hier bis zu den nächsten Bundestagswahlen raus zu kommen, gründe ich meine eigene Partei und gehe mich wählen. „Für absolute Vorratsdatenspeicherung“ - wird das Motto sein. Dann muss sich jeder Mensch nur noch eine Nummer merken – die Nummer der Hotline des BND.

1 Kommentar:

  1. merle, ich kann dich so gut verstehen. ich leide auch immer unter all den zahlencodes und passwörtern. und cih bin schon so alt!!!:(

    LG Andreas und alles gute euch weiterhin.
    Nett der Brief aus Amerika

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