Mittwoch, 27. Juli 2011

Grundsehn

grün ist der eigentliche Plan gewesen und rot, das was draus geworden ist
der Wetterbricht im Nachhinein
Morgens sah das alles noch ein wenig anders aus. Wir wollten von Juist nach Delfzijl, ganz gemütlich in zwei Tiden. (Dieses Tidenzeug ist wirklich ein merkwürdiges Thema, wenn ich es verstanden habe, werde ich es schreiben.) Aber aus irgendwelchen rechnerischen Gründen und Wind und Strom und Untiefen und sonst was für Faktoren hatten die Holländer, mit denen wir unterwegs waren, und wir uns umentschieden und wollten einen Zwischenstopp auf Borkum einlegen. Dort wollten wir dann bis zum nächsten Hochwasser abwarten und noch einen kleinen Mittagsschlaf einlegen, denn wir waren um kurz nach fünf gestartet. Als wir dann aber vor Borkum waren und die Hafeneinfahrt schon quasi sehen konnten, drehten die Holländer plötzlich um - wir waren zu spät, es war schon zu flach, wir würden nicht mehr über die Untiefe kommen.
das GPS hat unsere Route mitgetrackt, allerdings ohne Karte

Ankern oder außen rum? Bei 2-3 Bft und SW-Wind hier in der Abdeckung würde das draußen ungefähr eine Winstärke mehr geben und dazu noch etwas Welle. Ankern würde hingegen bedeuten, dass wir heute nicht mehr nach Delfzijl kommen würden, das heißt das frühe Aufstehen wäre für umsonst gewesen und die Wahrscheinlichkeit wäre hoch trocken zu fallen. Nö, fahrn wa außen rum! - Wie blöd. Es war nicht eine Windstärke mehr, sondern zwei bis drei, die Welle war auch nicht nur etwas, sondern ebenfalls etwas mehr und da der Wind inzwischen nicht mehr aus SW sondern aus NW kam, kreuzten wir nun nicht im Windschatten mit Strömung von hinten gegen 5 Bft Wind und Welle an. Zwischen den Inseln gibt es eine Fahrrinne die tief genug ist, dass man dort bei jedem Wetter fahren kann, aber sie ist nicht wirklich breit und zum kreuzen eher suboptimal. Peter hing schnell in den Seilen, wendete aber alle fünf Minuten tapfer mit. Links und rechts brachen sich die Wellen über dem Land, das durch die Ebbe schon frei gespült worden war. Ab und zu sprachen wir mit den Holländern per Funk, dass noch alles ok ist und weiter gings, immer in der Nähe der Holländer. Zwischendurch kamen Regenschauer, die noch mal ordentlich Wind mit sich brachten. Erstaunlicher Weise ging es mir bei der gesamten Aktion ziemlich gut. Mir wurde weder schlecht, noch hatte ich das Gefühl das Boot nicht unter Kontrolle zu haben. Auch wenn ich öfter dachte Hm, irgendwie nicht so schön hier., war ich mir immer sicher in dem was ich tat. Es war trotzdem mega anstrengend und als wir nach 5 1/2 Stunden auf Borkum endlich ankamen war ich tot. Beim Kreuzen war mir wieder die Mahnung eingefallen, die mir in Berlin mit auf den Weg gegeben wurde: Versuche niemals bei vier Windstärken von vorne auf die Nordsee raus zu kreuzen, es kann zu Grundsehn kommen. Das würde bedeuten, dass man oben von einer Welle im Wellental kein Wasser, sondern Boden sieht - und das war definitiv meine größte Angst. Im letzten Stück hatten wir nochmal einen ordentlichen Versatz nach Lee Richtung Insel gemacht und waren unschön schnell auf sie zu getrieben. Immer öfter brachen die Welle unter uns weg, türmten sie sich steil auf und wenn ich nach links zum Land schaute, war da fast nur noch weiß zu sehen. Das musste das Flach sein, das ich auf der Karte gesehen hatte. Umso beruhigender war es das Fahrwasser westlich von Borkum endlich zu erreichen.
die Strecke bis zum weißen Pfeil dauerte genauso lang, wie dann bis zum schwarzen
Als wir nach einer halben Stunde schon wieder von der Insel ablegten, überließ ich Peter das Steuer. Ihm ging es inzwischen wieder einigermaßen und ich konnte schlafen.

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